Fielmann: Wird Veränderung in der Werbung belohnt?

    Fast jeder kennt sie: die klassische Fielmann-Werbung mit Testimonials "von der Straße". Jahrelang war diese in den Werbepausen zu sehen. Doch 2023, war ein komplett anderer Spot im TV. Natürlich ein Risiko, mit der traditionellen Werbung mit hohem Wiedererkennungswert zu brechen.

    Neugierig nach den Ergebnissen? Lesen Sie dann weiter.

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    Hintergrund

    Wie kommt der neue Fielmann Werbespot beim Publikum an? Welche (unbewussten) Emotionen werden aktiviert? Was sollte verbessert werden? Und vor allem: Wie schneidet der Spot im Vergleich zu den traditionellen Fielmann-Spots ab, die wir alle kennen?

    Jahrelang waren sie im Fernsehen zu sehen: die klassischen Fielmann-Werbungen mit „Testimonials von der Straße“, sogenannten „echten Kunden“, die gefragt wurden, warum sie Fielmann wählen. Umso überraschender war es für viele, dass Fielmann 2023 mit dieser Tradition brach und eine komplett neue Strategie ausprobierte. Das Ergebnis: ein für Fielmann eher ungewöhnlicher, moderner Spot.

    Wir entschieden uns, beide Werbespots – den traditionellen und den neuen – aus wissenschaftlicher und aus Marketing-Neugier mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) zu analysieren.

     

    Die Forschungsfragen

    • Welcher Fielmann-Werbespot schneidet unbewusst besser ab?


    • Wie unterscheiden sich die Hirnreaktionen auf die klassische Werbung im Vergleich zu der neuen Werbung?

    Studienaufbau

    Beide Werbespots haben wir mittels  fMRT im Gehirn untersucht. Die fMRT-Forschung misst sowohl bewusste als auch unbewusste Emotionen und Reaktionen tief im Gehirn, um so das Verbraucherverhalten vorherzusagen.

    Die Teilnehmer bekamen während der fMRT-Studie die beiden Werbespots zusammen mit anderen Werbungen, genau wie in einem echten TV-Werbeblock, im MRT-Scanner zu sehen.

    Die altbekannte Fielmann-Werbung

    Die neue Fielmann-Werbung

    Ergebnisse

    Die Ergebnisse der fMRT-Studie zeigten deutliche Unterschiede zwischen den beiden Werbespots.

    Lassen Sie uns zunächst mit der alten Werbung beginnen. Wie immer sehen wir in unserem Netzdiagramm oben die vier positiven Emotionen (grün), unten die vier negativen Emotionen (rot), rechts die drei Engagement Dimensionen (lila) und links die zwei Impact Dimensionen (blau).

    Bei den fünf farblich hervorgehobenen Dimensionen erkennen wir einen signifikanten Unterschied zum Durchschnitt (grauer Kreis). Besonders auffällig ist der sehr niedrige Wert bei der Neuheit (Novelty). Dies lässt sich damit erklären, dass diese und sehr ähnliche Werbungen über Jahre hinweg im Fernsehen zu sehen waren und nur wenige neue Elemente hinzugefügt wurden.

    Der zweite Wert der Impact-Dimensionen zeigt, dass die alte Fielmann-Werbung auch bei der Aufmerksamkeit (Attention) unterdurchschnittlich abschneidet. Diese Werbung ist also nicht besonders effektiv darin, die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu gewinnen und zu halten. Diese Werte deuten auch darauf hin, dass die Kampagne etwas an Schwung verloren hat und eine Erneuerung nötig ist.

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    Hinsichtlich der Engagement-Dimensionen punktet die alte Fielmann-Werbung bei der Beteiligung (Involvement), was darauf hinweist, dass der gezeigte Stil den Zuschauern bekannt ist und als relevant wahrgenommen wird. Dennoch erzielt die Werbung einen niedrigen Wert bei der Vertrautheit (Familiarity). Diese Ergebnisse sind überraschend, da zu erwarten wäre, dass die altbekannte Fielmann-Werbung vielen Zuschauern vertraut erscheinen sollte. Stattdessen scheinen sich die Zuschauer unterbewusst von der Werbung zu distanzieren, da der Fokus hauptsächlich auf einer ihnen völlig unbekannten Frau liegt. Dies, kombiniert mit der Tatsache, dass die Werbung keine positiven Emotionen hervorruft, führt eher zu Ärger oder Frustration (Anger).

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    Die neue Fielmann-Werbung zeigt ein deutlich anderes neuronales Aktivierungsprofil. Auffällig sind die hohen Impact-Scores für Aufmerksamkeit (Attention) und Neuheit (Novelty). Neuheit wird weit überdurchschnittlich aktiviert, während Aufmerksamkeit knapp unter der Schwelle der statistischen Signifikanz liegt, jedoch einen klar positiven Trend aufweist.

    Darüber hinaus punktet die neue Fielmann-Werbung bei den positiven Emotionen und den Engagement-Dimensionen auf durchschnittlichem Niveau. Betrachtet man jedoch die negativen Emotionen, zeigt sich, dass Gefahr (Danger) signifikant unterdurchschnittlich aktiviert wird. Auch Ekel (Disgust) und Ärger (Anger) werden nur geringfügig aktiviert, wobei diese Werte knapp nicht statistisch signifikant sind.

    Insgesamt sind dies sehr positive Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass die neue Fielmann-Werbung ein breites Publikum anspricht und sowohl auf emotionaler als auch auf kognitiver Ebene erfolgreich ist. Besonders die starken Werte bei Neuheit und die reduzierte Aktivierung negativer Emotionen zeigen, dass die Kampagne einen modernen und ansprechenden Ansatz gewählt hat, der die Zuschauer auf eine subtile, aber effektive Weise fesselt.

    Wenn wir die neuronalen Aktivierungsprofile der beiden Werbespots miteinander vergleichen, lässt sich feststellen, dass die neue Fielmann-Werbung in den Impact-Dimensionen deutlich besser abschneidet. Gleichzeitig erzielen beide Spots sehr ähnliche Werte bei den positiven Emotionen und den Engagement-Dimensionen, was darauf hindeutet, dass die neue Werbung auch in diesen Bereichen gut performt.

    Ein signifikanter Unterschied zeigt sich jedoch bei den negativen Emotionen: Während die alte Werbung verstärkt Ärger (Anger) auslöst, weist die neue Werbung besonders niedrige Werte in diesem Bereich auf. Dies deutet darauf hin, dass die neue Kampagne deutlich weniger negative Reaktionen hervorruft und somit insgesamt eine angenehmere Wirkung auf die Zuschauer hat.

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    Dies wird auch im Engagement-Graphen (rechts) deutlich. Auf den ersten Blick zeigt sich, dass beide Spots ein vergleichbares Maß an Engagement erzeugen. Allerdings sticht die neue Werbung durch eine deutlich bessere Balance zwischen positiven und negativen Emotionen hervor. Sie schafft es, die Zuschauer emotional einzubinden, ohne dabei unerwünschte Reaktionen wie Ärger oder Frustration auszulösen.

    Eine Werbung ist am effektivsten, wenn sie sich im oberen rechten Quadranten befindet – also mehr positive als negative Emotionen aktiviert und gleichzeitig ein hohes Maß an Engagement erzeugt. Wir können daher schlussfolgern, dass die neue Fielmann-Werbung deutlich besser abschneidet als die alte. Allerdings könnte sie noch effektiver werden, indem sie stärkeres Engagement erzeugt. Dies ließe sich erreichen, indem erkennbarere (Alltags-)Situationen in die Werbung integriert werden, um das Involvement zu steigern und die Relevanz für die Zuschauer zu erhöhen. Zusätzlich sollte der Mehrwert einer Fielmann-Brille klarer kommuniziert werden, um die Wirkung der Werbung in der Value-Dimension weiter zu verstärken. Dieser Ansatz würde auch dazu beitragen, mehr positive Emotionen zu aktivieren – ein weiterer Aspekt, der außergewöhnlich effektive Werbung auszeichnet.

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    fMRI-Zeitstrahl alte Fielmann-Werbung ↑

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    fMRI-Zeitstrahl neue Fielmann-Werbung ↑

    Wenn wir die fMRT-Zeitstrahlen der beiden Werbespots miteinander vergleichen, fallen einige Merkmale auf: Die alte Werbung weist eine sehr flache Kurve auf, während die neue Werbung mehr Höhen und Tiefen verzeichnet. Hohe Werte bei dieser Kurve bedeuten, dass mehr positive als negative Emotionen aktiviert werden, und niedrige Werte, dass mehr negative als positive Emotionen aktiviert werden. Die flache Kurve des alten Werbespots zeigt uns also deutlich, dass emotional zu wenig passiert.

    Die neue Werbung hingegen zeigt einen dynamischen Verlauf: Sie beginnt neutral, sorgt dann für ein emotionales Hoch, gefolgt von einem Tal negativer Emotionen. Wichtig hierbei ist, dass dieses Tal anschließend wieder verlassen wird, indem positive Gefühle durch Bilder glücklicher Menschen ausgelöst werden.

    Ein Verbesserungspunkt, den wir hier anmerken möchten, ist, dass die Werbung am Ende stärker abschließen sollte. Wir sehen einen leichten Negativtrend zum Ende hin, der durch eine positivere Schlussszene verbessert werden könnte. Statt der neutralen Szene, in der ein Mann mit neutralem Gesichtsausdruck eine Brille aufsetzt, könnte eine optimistischere und emotionalere Darstellung gewählt werden. Dies könnte sogar mit einer klareren Kommunikation des Mehrwerts einer Fielmann-Brille kombiniert werden (z. B. gute Qualität, günstiger Preis, wieder scharf sehen können etc.).

    Fazit

    Die fMRT-Studie zeigt klare Vorteile der neuen Fielmann-Werbung. Sie erzielt hohe Werte bei Neuheit und Aufmerksamkeit, während negative Emotionen wie Ärger deutlich reduziert werden. Im Vergleich zur klassischen Werbung wirkt sie moderner, ansprechender und erreicht eine bessere Balance zwischen positiven und negativen Emotionen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die neue Kampagne nicht nur moderner und innovativer ist, sondern auch emotional und kognitiv eine breitere Zielgruppe anspricht.

    Fielmann hätte jedoch noch mehr aus diesem Spot herausholen können, wenn sie unsere Expertise von Anfang an genutzt hätten. Mit Moving Storyboard-Tests im Vorfeld wären Schwächen im Spot rechtzeitig erkannt worden, was nicht nur die Effektivität der Werbung erhöht, sondern auch wertvolle Werbezeit und Produktionskosten eingespart hätte.

    Insgesamt zeigt die Analyse, dass die neue Werbestrategie von Fielmann ein erfolgversprechender Ansatz ist, um das Publikum auf subtilere und effektivere Weise zu erreichen.


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